Drei ist nicht genug: ein Abend mit Rheingau-Rieslingen (Januar 2016)
Herwig Hacker, Vertriebsleiter der Weingüter Wegeler, hatte im Januar zum dritten Mal den Weg zur Weinheimer Weingilde gefunden. Nachdem er bereits das Weingut in Bernkastel an der Mosel und das Rotweingut Krone Assmannshausen, dessen Hauptgesellschafter seit 2007 Anja und ihr Mann Tom Wegeler-Drieseberg sind, vorgestellt hatte, kam nun endlich das eigentliche Stammhaus, das Weingut in Oestrich, dran.
Darum eröffnete Hacker den Abend auch mit einem kurzen Exkurs in die Geschichte des Weinguts, das 1882 durch Geheimrat Julius Wegeler gegründet wurde, der schon lange im Weingeschäft tätig war und nun – da immer mehr Winzer zur Selbstvermarktung übergingen – auch endlich selbst Winzer sein wollte. Schon 1900 folgte die Gründung des Weinguts an der Mosel. 1998 haben Anja und ihr Mann Tom die Leitung der Wegeler-Betriebe übernommen, und sie setzen wie die früheren Generationen alles auf den Riesling, die inzwischen weltweit wieder enorm geschätzte edelste Weißweinsorte, die nirgends auf der Welt so finessenreich aus dem Keller kommt wie in Deutschland. Von ihrer Vielfalt konnten sich die Gäste des Abends dann selbst überzeugen.
Nach zwei Einstiegsweinen – Gutsweinen, für die die Trauben in den flacheren Lagen wachsen – kamen zwei Ortsweine, einer aus Oestrich, der andere aus Johannisberg, von denen sich der zweite trotz ähnlicher Böden als etwas mineralischer, eleganter und feiner präsentierte. Das seit der Gründung dem VDP angehörende Weingut füllt seine trockenen Weine mit relativ viel Restzucker ab. Das Süße-Säure-Spiel ist aber immer gut ausbalanciert, so dass auch bei feinherben Geschmacksbildern die Süße nicht dominiert (der zweite und der vierte Wein waren dafür sehr gute Beispiele).
Als fünfter Wein kam ein Geheimrat J von 2009 ins Glas. Dieser Wein ist eine Lagencuvée, also quasi der „Fingerabdruck“ des Weinguts. Er war eine Antwort auf das Weingesetz von 1971, das einstmals klar definierte Lagenbezeichnungen massiv ausgedehnt hatte, so dass sie Böden extrem unterschiedlicher Qualität umfassten und daher keine Aussage mehr über die Weinqualität zuließen. Also entschloss man sich bei Wegelers, es den Bordeaux-Winzern gleich zu tun und einen Wein ohne Lagenbezeichnung auf den Markt zu bringen, der mit dem Namen des Weingutgründers als Qualitätsmerkmal aufwartete.
Zwei große Gewächse von 2012 schlossen sich an, einer vom Schlossberg (der steilsten Lage im Rheingau) und einer vom Rothenberg, der zur Gemarkung Geisenheim gehört und den wichtigsten Baustein für die Wiedererkennung des Geheimrat J liefert. Den Abschluss bildete eine Spätlese Vintage Collection Oestricher Lehnchen von 2002. Als Vintage Collection verkaufen die Wegelers reife Weine, die sie bewusst einige Jahre bei sich im Keller liegen lassen, damit die Kunden auch die Chance haben, perfekt gereifte Weine zu genießen.
Bei der Verschlussfrage sagte Hacker, sie nähmen Schraubverschlüsse für alle Weine, die im Edelstahltank ausgebaut werden, doch Weine, die schon bei der Erzeugung intensiven Luftkontakt hatten (lange Maischestandzeit, Ausbau in Holzfässern), bekommen einen Korkverschluss. Obwohl nun alle Wegeler-Betriebe vorgestellt sind, hatte Herwig Hacker tolle Ideen, wie man seine Besuche bei der Weingilde noch weiter fortsetzen könnte – mal sehen, was davon sich verwirklichen lässt.
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