Altes Weingut ganz modern – das Demeter-Weingut im Zwölberich zu Gast bei der Weingilde (September 2012)
In 13. Generation – das dürfte rekordverdächtig sein –, ist der Betrieb von Hartmut Heintz in Familienbesitz, und nach vielen Jahrhunderten als klassischer Mischbetrieb baut er immerhin seit über sechzig Jahren ausschließlich Trauben an. Heintz hatte zwar als Junge lange Schiffskoch werden wollen, dann aber doch die Liebe zum Wein entdeckt und sich entschieden, Winzer zu werden. Sein an der unteren Nahe gelegenes Weingut verfügt über etwa 33 Hektar Rebfläche, auf der zu rund einem Viertel Rotweintrauben wachsen, und so war der erste verkostete Wein auch ein roter, und zwar ein Portugieser.
So manches Gildemitglied konnte kaum glauben, dass dieser kräftig farbige Wein zu 100% aus Portugiesertrauben hergestellt wurde, doch Hartmut Heintz erklärte die Farbintensität mit dem Alter der Rebstöcke (30 Jahre), der langen Maischestandzeit und dem geringen Ertrag von 45 Hektoliter pro Hektar. Der Anbau von roten Trauben war bis in die 1950er Jahre an der Nahe in kleinen Bereichen üblich, endete dann aber bis zum Beginn des Rotweinbooms in den 1980er Jahren. Heintz erzählte zudem, dass ihre ersten Weine rote Weine, aber keine Rotweine gewesen seien, denn sie hätten erst lernen müssen, dass die Weinbereitung bei Rotweinen ganz anders abläuft als bei Weißweinen.
Auch der zweite Wein war ein Rotwein, ein St. Laurent, der aus einem Kundenweinberg stammte, und das kam so: 1999 war auf einmal eine große Nachfrage nach Weinen der Burgundersorten, die aus den eigenen Lagen nicht gedeckt werden konnte. Daraufhin kaufte das Weingut mit Unterstützung von Kunden ("Projekt Rosenwingert") einen Weinberg in der Nachbargemeinde, der über einem ehemaligen, heute als Campingplatz genutzten Steinbruch liegt, und pflanzten dort neben den Burgundersorten 2003 auch einen St. Laurent an. Nicht wenige der Mitbesitzer kommen immer mal wieder zu Besuch und helfen dann durchaus auch bei der Arbeit in "ihrem" Weinberg.
Selbstverständlich ging Heintz auch auf die Gründe ein, die ihn zum biodynamischen Weinbau gebracht hatten: Sein Vater hatte mit seiner Philosophie die Grundlagen gelegt, doch erst als 1986 sein Sohn geboren wurde, wollte er ihn wie wohl viele junge Eltern möglichst gesund ernähren, und da schien es ihm inakzeptabel, das Produkt, das er berufsmäßig erzeugt und das ebenfalls für den menschlichen Verzehr gedacht ist, nicht unter den gleichen Gesichtspunkten zu betrachten. Wenn er heute zurückblickt, ist sein Resümee, dass seine Erträge über die Jahre stabiler waren als bei Kollegen, die konventionellen Anbau betrieben.
Die übrigen fünf verkosteten Weine waren Weißweine: zwei Rieslinge, zwei Auxerrois und ein Grauburgunder. Bei den Auxerrois verriet er mit einem Schmunzeln, dass sie wegen dieser Rebsorte ab 1981 einen zehnjährigen Kampf mit dem Amtschimmel geführt hätten, bis es ihnen erlaubt wurde, die Rebsorte wie früher üblich als Qualitätswein zu vermarkten. Der erste Auxerrois stammte aus einer Anpflanzung, die 2000 für die Zeit angelegt wurde, wenn die alten Reben des zweiten Auxerrois ersetzt werden müssen. Beide Weine konnten restlos überzeugen.
Heintz erklärte auch, dass für ihn (und viele seiner Kollegen) heute nicht mehr die an der Traube gemessenen Oechslegrade über den Lesetermin entscheiden, sondern der Geschmackseindruck und die Farbe der Traubenkerne, und er ging auf die Grundlagen des biologischen Weinanbaus ein, bei dem die problematischsten Schädlinge – (un)echter Mehltau, Insekten – mit Nützlingen, Kräutertees, Gesteinsmehlen und Schwefel bekämpft werden. Er bestätigte auch, dass Biowinzer öfter und eher in der Nacht spritzen, gab dafür aber sehr plausible Erklärungen: Ihre Wirkstoffe dringen nicht in die Pflanze ein, werden also von Regen abgewaschen und müssen daher nach einem heftigen Regenguss neu aufgebracht werden; werden die Wirkstoffe während des heißen Tages aufgebracht, kommt weniger auf der Pflanze an, weil das Wasser auf dem Weg zur Pflanze verdunstet.
Der Abend verging bei dieser Menge an hochinteressanten und spannend vermittelten Informationen wie im Flug, und die sehr gut mundenden Weine trugen einen nicht unerheblichen Teil dazu bei, dass alle hochzufrieden ihren Heimweg antraten.
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