Nahe-Weine

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Ein Abend mit Rieslingwelle und Rumba im Glas
(September 2004)

"Gefühlvoll sanft, getragen, kraftvoll, mit zarter Würze, in sich gefüllt, majestätisch und tiefgründig; er bedarf eines angemessenen Rahmens, um seine Aussagekraft zu entfalten." Für sich allein schon ein Singsang, der auf der Zunge herumtänzelt. Solch blumige Beschreibung zeigt, welche Kunst es ist, den Charakter eines preisgekrönten trockenen Chardonnay in angemessene Worte zu fassen. Noch eine Kostprobe? "Sublimer Pfirsichduft, verwoben mit zarten Zitrusaromen, eingebettet in ein sanftes Prickeln, verzaubert im Nachhall mit einer kühlen Exotik." Wohlgemerkt: wir sind noch immer beim Wein, in diesem Falle bei einer trockenen Riesling Spätlese.

Judith Honrath war im letzten Jahr Deutsche Weinkönigin und am Dienstagabend zu Gast bei der Weinheimer Weingilde im Kerwehaus. Mitgebracht hatte sie eine Auswahl von acht Weinen des Rekordjahres 2003 aus ihrem heimatlichen Anbaugebiet Nahe. Damit repräsentierte sie an einem Abend immerhin 4600 Hektar Rebfläche. Und Judith Honrath verstand es aufs Beste, jeden einzelnen Tropfen in vollmundige Sprache zu betten. Dieses Talent konnte sie während ihrer einjährigen königlichen Amtszeit in bis zu 240 Weinproben schulen. Außerdem, aber das versteht sich für eine Weinkönigin von selbst, kann sie auf ein elterliches Weingut in Langenlonsheim verweisen. Dennoch gab es beim Weinheimer Gildeabend eine Premiere. Für Honrath war es die erste Weinprobe, die sie ganz allein zusammengestellt hatte.

Wohl wissend, dass die Weingilde einem trockenen Tropfen den Vorzug gibt, nahmen entsprechende Riesling- und Burgundersorten die Hälfte ihres Programms ein, darunter natürlich auch eine Sorte aus dem Familiengut. Einen halbtrockenen Gewürztraminer mit fülligem Rosenbouquet wählte sie als Überleitung zu den milden Rieslingweinen – und als Motto des Abends: "Machen Sie sich keinen Stress, bitte genießen Sie mit Ruhe." Das kam bei den etwa 40 Gildemitgliedern ebenso gut an wie die thematische Einfassung, der sich Honrath bediente: die Musik. Sie zelebrierte den Eröffnungsriesling als Ouvertüre. Von der musikalischen Neuen Deutschen Welle der 80er Jahre leitete sie über zur deutschen Rieslingwelle, die sich weltweit ausbreiten würde. Und aus einem Chardonnay machte Honrath "Rumba im Glas". Einen Weißburgunder brachte sie gar mit Stepptanz in Verbindung: "faszinierende Leichtigkeit, scheinbar schwebend, mit vielschichtigem Körper und Eleganz, die über die Zunge tanzt." "Steppt", wie ein Gildemitglied amüsiert verbesserte.

Für Gildemeister Jens Zepp kam mit Honrath "königlicher Besuch in heilige Hallen". Es sei mittlerweile Tradition, die Weinkönigin des Vorjahres für einen Gildeabend zu gewinnen, so Zepp. Über Honraths Querschnitt an Naheweinen zeigte er sich erfreut: "Die Qualität hat mich positiv überrascht." Denn das Jahr 2003 sei ein problematischer Jahrgang gewesen. Die Qualität schwanke von Weingut zu Weingut: "Aber hier war kein Ausreißer dabei, insgesamt eine homogene Probe", sagte Zepp. Doch was macht eine Weinkönigin, die nicht mehr amtiert? Judith Honrath studiert im achten Semester Theologie in Trier und absolviert zurzeit ein Praktikum in einem Hospiz. Die Weinproben bieten ihr dabei willkommene Abwechslung, obwohl es nach ihrer Regentschaft nicht mehr als zwei pro Monat sind, so Honrath im Gespräch.

Und zum Glück ist für das Hofgut Honrath die Nachfolge gesichert. Ihr Bruder studiert Weinbau und wird die Familientradition in die nächste Generation führen.

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