Geschichtsstunde fĂŒr Weinfreunde
Hambacher Fest und Hambacher Wein (MĂ€rz 2014)
Das Freiheitsstreben der europĂ€ischen Völker nach dem Ende des Wiener Kongresses hat den Referenten beim MĂ€rztreffen der Weinheimer Weingilde in mehrfacher Hinsicht inspiriert. Er hat seinen Namen so verĂ€ndert, dass er die drei LĂ€nder widerspiegelt, aus denen seine Freiheitshelden kamen: Aus Ludwig wurde polnisch Ludwik und aus Adam französisch AdamĂ©, nur der Familienname des gebĂŒrtigen KurpfĂ€lzers Haass blieb unverĂ€ndert. In seinem Wohnort Hambach liegt mit dem Hambacher Schloss der Ort des ersten groĂen Treffens von Freiheitsfreunden in Deutschland, und da war es fĂŒr ihn selbstverstĂ€ndlich, dass er seine Weine mit der Geschichte dieses Ortes verknĂŒpfen wĂŒrde.
Was das bedeutet, erfuhren die GĂ€ste im Laufe des Abends. Jeder der sieben verkosteten Weine trug einen Namen, der auf diese Ereignisse hinwies, und Haass erzĂ€hlte nicht nur etwas ĂŒber die Weine, sondern auch ĂŒber die HintergrĂŒnde der verwendeten Namen – also eine Weinprobe, die zugleich einen Blick auf eine historische Epoche eröffnete.
Haass, dessen Wurzeln im kurpfĂ€lzischen Boxberg liegen, in dem sein GroĂvater einen weinbaulich-landwirtschaftlichen und gastronomischen Betrieb einschlieĂlich Metzgerei gefĂŒhrt hat, ist nach einer Metzgerlehre, einer Ausbildung zum Bankkaufmann und einem Studium heute beim Land Rheinland-Pfalz angestellt, betreibt den Weinanbau als – sehr intensives – Hobby und lĂ€sst seine Weine im Weingut Naegele ausbauen, das im September 2009 selbst bei der Weingilde zu Gast gewesen war. Neben den Trauben von seiner Lage Venninger Doktor und gepachteten FlĂ€chen kauft Haass teilweise auch Trauben von Kollegen zu; so erweitert er sein Rebspektrum von Chardonnay, SpĂ€tburgunder und Regent beispielsweise um WeiĂ- und Grauburgunder.
Die ersten beiden Chardonnays waren dem polnischen Philosophen und Offizier der Freiheitsarmee Grzymala, bzw. der polnisch-litauischen Comtesse Emilia Platter, die in ihrer Heimat eine Nationalheldin ist, gewidmet, der dritte trug den Namen FreiheitsBote. Besonders verblĂŒffte beim dritten, der immerhin schon vier Jahre alt war, die enorme Frische. Haass erklĂ€rte hier auch die Bedeutung, die man damals den Farben Schwarz, Rot und Gold zugewiesen hatte: Pulver, Blut bzw. Flamme.
Den WeiĂweinen folgten ein SpĂ€tburgunder von 2007, der den Namen des Strassburger Republikaners Lucien Rey trug, ein Regent von 2004 mit dem Namen Völkerfreundschaft und ein weiterer Regent, ein Tyrannenblut von 2008. Alle Rotweine lagern bei ihm mehr als zwei Jahre in BarriquefĂ€ssern, allerdings nicht in neuen, sondern in drei bis fĂŒnf Jahre alten, was ihnen nur ganz dezente Vanilletöne verschafft.
AuĂerhalb der Liste gab es zum Schluss noch eine CuvĂ©e aus SpĂ€tburgunder und Regent von 2012, die erst einen Tag zuvor abgefĂŒllt worden war. Sie trug den Namen Ludwik Miroslawski und wies deutliche Töne von Johannisbeere und Kaffee auf. Haass erwĂ€hnte, dass er bei diesem Wein erstmals auch ein paar neue Barrique-FĂ€sser eingesetzt habe.
Auf die Frage, wie er seine Weine verkaufe, nannte Haass vor allem zwei Wege: als Lieferant des BiosphĂ€renreservats PfĂ€lzerwald/Nordvogesen und historische Veranstaltungen in Deutschland, Polen und Frankreich. Reicher an Geschichtswissen und mit dem Nachklang ansprechender Weine im Mund machten sich die GĂ€ste schlieĂlich auf den Heimweg.
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