Ein Händchen für Grobes und Feines: Eva Vollmer begeisterte die Weinheimer Weingilde (Mai 2013)
In Ebersheim, Stadtteil von Mainz mit dem meisten Weinanbau, ist Eva Vollmer zu Hause, die 2007 gemeinsam mit ihrem heutigen Mann beschlossen hatte, aus dem Genossenschaftsbetrieb ihrer Eltern ein richtiges Weingut zu machen. Den letzten Anstoß gaben die Weihnachtsgeschenke, die sie und ihr Freund sich 2006 ohne Absprache machten: ein 320-Liter-Edelstahltank für ihn, ein 525-Liter-Tank für sie. Das war der Grundstock der vollkommen fehlenden Kellerei-Ausstattung, denn ihre Eltern hatten nie selbst Wein gemacht.
Schon 2010 kürte der Gault Millau Eva Vollmer zur Entdeckung des Jahres. Die Präsentation von acht Weinen ihres inzwischen auf 11 Hektar angewachsenen Betriebs, wobei sie jedoch derzeit nur die besten Lagen für ihre Weinproduktion von rund 30000 Flaschen verwendet und den Rest als Fasswein verkauft, begleitete Eva Vollmer mit so vielen überraschenden und unterhaltsamen Geschichten, dass der Abend wie im Flug verging.
So erzählte sie, dass sie vor ihrem Studium in Geisenheim, das sie übrigens in Kürze mit der Promotion krönen wird, eine Ausbildung als Weinküferin gemacht hat – heute sei ein Weinküfer im Prinzip ein Winzer ohne Weinberg, d.h., man lernt all das, was man für die Arbeit im Weinkeller wissen muss. Um Geld nebenbei zu verdienen, habe sie bis vor kurzem Lieferfahrten mit 40-Tonnern gemacht und im Winter nachts auf den Start- und Landebahnen des Frankfurter Flughafens Schnee geräumt. 2003/2004 war sie Rheinhessische Weinkönigin, und sie seien der einzige Jahrgang, bei dem sich die Kandidatinnen für die Deutsche Weinkönigin – das wurde damals Petra Zimmermann, die die Weingilde im Mai 2007 besucht hatte – fast jedes Jahr in einer anderen Weinbauregion treffen.
Eine Erklärung war für die Kennzeichnung der Weine mit Punkten und Ausrufezeichen nötig: Ein Punkt bezeichnet einen Gutswein (nach dem Motto: „das ist ein Riesling – Punkt“), ein Ausrufezeichen hinter der Rebsorte ist die Premiumkategorie. Ein Ausrufezeichen hinter der Lagenbezeichnung kennzeichnet einen Top-Wein. Er verdient die Auszeichnung KULT, doch diese vergibt Eva Vollmer nur an aus ihrer Sicht hervorragende Weine, bei schlechten Weinjahren gibt es sie also nicht.
Den Abend eröffnete ein Silvaner – schließlich hat Rheinhessen die größte Silvanerfläche der Welt –, der nicht so wuchtig daher kam wie oft fränkische Silvaner. Ihm folgte ein fruchtbetonter Weißburgunder, dann ein Riesling vom ersten von ihr 2006 neu angelegten Weinberg, dessen Tonmergelboden dem Wein eine genial anregende Säurestruktur verlieh. Der nächste Wein mit dem Namen 11komma7 war eine feinherbe Cuvée aus Silvaner und Scheurebe, deren Alkoholgehalt 11% durch den Lesezeitpunkt vorgegeben wird, während der Wert nach dem Komma Ergebnis des Gärprozesses ist. Eva Vollmer wollte damit einen leichten Terrassenwein verwirklichen, der Trocken- und Halbtrocken-Freunde versöhnen kann. Bei der anschließenden Scheurebe sagte sie zum einen, dass sie ihr in Deutschland das Recht des Älteren gegenüber dem Sauvignon Blanc zugestehe und dass ihr Züchter Georg Scheu für Rheinhessen von enormer Bedeutung sei, zum anderen, dass sie sich bewusst auf traditionell in Deutschland beheimatete Rebsorten beschränke.
Nun folgte einer der drei KULT-Weine des Jahres 2011, ein Riesling von einer 32 Jahre alten Anlage am Herrnberg in Gau-Bischofsheim, dem Heimatort ihres Mannes. Dieser Ort hat eine ähnliche Ausrichtung wie Nierstein, nur liegt er nicht am Wasser. Mit einem Weißburgunder! Halbstück von 2011 kam dann der einzige Wein des Abends ins Glas, der Holz gesehen hatte. Zwei Drittel lagen 10 Monate in 600-Liter-Fässern aus fränkischer Eiche auf der Hefe, das restliche Drittel wurde im Edelstahl ausgebaut, damit das Holz nicht dominiert, sondern nur bei Schmelz, Kraft und Fülle unterstützt. Beendet wurde der Abend mit einem 2012er Riesling! feinherb, dessen 16 Gramm Restzucker durch die Säure von 7,4 Gramm wunderbar eingebunden waren.
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