Zielstrebig, eloquent und weinbegeistert: Annika Strebel vertrat die „Marke“ Deutsche Weinkönigin überzeugend (Juni 2013)
Beim Junitreffen wurde die Tradition fortgesetzt, dass die Deutsche Weinkönigin des Vorjahres der Weingilde einen Besuch abstattet – immerhin hat die Weingilde in den knapp 40 Jahren ihres Bestehens insgesamt 31 Deutsche Weinköniginnen bei sich begrüßen dürfen. Inzwischen sei die Deutsche Weinkönigin eine „Marke“, meinte Annika Strebel, mit der das deutsche Weininstitut weltweit bei Veranstaltungen mit hochrangigen Teilnehmern für den deutschen Wein werben wolle und bei der es daher schon lange nicht mehr reiche, lächelnd mit einem Weinrömer in der Hand den Leuten zuprosten zu können.
Annika Strebel aus Wintersheim, das zur Verbandsgemeinde Guntersblum gehört und nur etwas mehr als 300 Einwohner hat, hatte Weine ihres elterlichen Betriebs mitgebracht, der noch ein klassischer landwirtschaftlicher Mischbetrieb ist, obwohl schon die Eltern mit der Flaschenabfüllung begonnen hatten. Zu 17 Hektar Rebflächen kommen 60 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen dazu. Auch heute noch werden die Trauben von der Hälfte der Rebflächen als Fasswein verkauft, doch aus den übrigen macht Annika Strebels Bruder seit 3 Jahren als Kellermeister Weine, bei denen die Meinung der Gäste des Abends einhellig war: sehr ansprechende Weine mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Schon als Kind wusste Annika Strebel, dass sie Winzerin – und Weinkönigin – werden wollte, und nach der 10. Klasse ging sie deshalb vom Gymnasium ab und begann eine Winzerlehre, die sie unter anderem in die Weingüter Schales und Rebholz führte. Doch dann wollte sie doch mehr wissen, holte das Abitur nach, studierte in Geisenheim Weinbau und Oenologie und wird in wenigen Wochen damit fertig sein. Ihre erste Anstellung hat sie auch schon in der Tasche: ein Pflichtpraktikum führte sie zur BASF, und dort wird sie ab dem Sommer auch als Angestellte bleiben.
Der Abend war den Weißweinen vorbehalten, und darunter den trockenen und feinherben. Doch Annika Strebel erzählte, dass ein wesentlicher Teil ihrer Weine immer noch lieblich ausgebaut wird, denn diese Weine kämen bei den Kunden ihres Verkaufslagers in Bochum besonders gut an: Zweimal im Monat fährt die Familie mit einer Ladung Wein nach Bochum, um dort ihre Direktkunden zu betreuen. Besuche auf dem Weingut in Wintersheim dagegen sind selten – aber das könnte sich nach dem Abend in Weinheim durchaus ändern.
Ihre Weine werden häufig zum Teil spontan und zum Teil mit Reinzuchthefen vergoren, um das Beste beider Methoden zu vereinen. Ein für viele Gäste neuer Begriff war der Minimalschnitt, den sie inzwischen bei einigen Lagen anwenden. Dieses Vorgehen reduziert den Arbeitsbedarf im Weinberg erheblich und hat dabei positive Auswirkungen wie Locker- oder Kleinbeerigkeit der Trauben, die damit weniger pilz- und fäulnisanfällig sind.
Bei den Weinen, einem Weißen Burgunder trocken, zwei Rieslingen trocken, zwei Silvanern trocken und einem Riesling und einem Phoenix feinherb, interessierte natürlich besonders der „Königinwein“, der von Annika Strebel für ihre Regentschaft als Rheinhessische Weinkönigin kreiert wurde. Es war der erste trockene Silvaner ihres Weinguts, wurde zum Großteil durch Spontanvergärung erhalten und lag sehr lange auf der Hefe – sie wollte als Weinbaustudentin einen wirklich guten Wein als Königinwein haben. Die Weinheimer Weinfreunde genossen den Wein, der anlässlich ihrer Wahl zu Deutschen Weinkönigin nach den gleichen Kriterien erzeugt worden war. Zur weitgehend unbekannten Rebsorte Phoenix erzählte sie, dass sie vom Gauweilerhof stammt und eine Kreuzung aus Bacchus und Villard Blanc – einer Neuzüchtung des französischen Rebzucht-Betriebs Seyve-Villard – ist. Die Rebsorte ist allerdings in schlechten Jahren anfällig für Botrytis und Essigtöne. Der verkostete 2012 ließ davon jedoch nichts ahnen.
|