Weine aus dem Zellertal Der nördlichste Zipfel der Pfalz lädt zum Entdecken ein (Februar 2019)
Stephan und Georg Schwedhelm haben sich ein Ziel gesetzt: das elterliche Weingut in Zell im Zellertal, das immerhin 17 Hektar Weinberge zwischen 140 und 300 Höhenmetern umfasst, zu einer Topadresse für schlanke, kühle Weine mit klarer Mineralik zu machen. Eine Auswahl der Weine, mit denen sie dieses Ziel erreichen wollen, stellte Georg Schwedhelm beim Februartreffen der Weingilde vor: einen Silvaner, einen Chardonnay und drei Rieslinge von 2017 sowie einen Weißburgunder von 2016 und einen Spätburgunder von 2015.
Silvaner war in den 1960er Jahren die meistangebaute Rebsorte in der Pfalz, wurde dann aber weitgehend vom Riesling verdrängt, doch die Schwedhelms stehen zu ihm, weshalb sie vor sieben Jahren sogar Weinberge neu mit Silvaner bestockt haben. Georg Schwedhelm erklärte, dass sich der Boden im Zellertal mit seiner Kombination aus reichlich Kalk und Ton deutlich von den Böden anderer Pfälzer Weingegenden unterscheide,weshalb auch die Zellertaler Weine einen ganz eigenen Charakter hätten, der übrigens zur Folge hatte, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Weingüter des Zellertals weltbekannt waren, was man den schlossartigen Hofanlagen bis heute ansehe. Auch klimatisch sei das Zellertal einfach anders: Südhänge sowie der Donnersberg als Schutz vor Unwettern und als Grund für sehr wenig Niederschlag.
Das Weingut ist noch jung an Jahren: Die Großeltern haben den Betrieb als Mischbetrieb angefangen, und auch die Eltern hatten neben dem Wein noch Landwirtschaft. Erst als Georgs älterer Bruder Stephan 2006 nach Winzerlehre und Studium in Geisenheim den Betrieb übernahm, und Georg etwas später erkannte, dass das übliche Berufsbild eines BWler nicht seinem Naturell entsprach, weshalb er beschloss, gemeinsam mit seinem Bruder das Weingut weiterzuentwickeln, wurden die letzten Reste der Gemischtbetriebszeit aufgegeben. Im Laufe der Jahre wurde zudem die Rebsortenvielfalt (der „Bauchladen“) stark reduziert; heute sind etwa 45% Riesling und 25% Burgundersorten der Markenkern, die zu fast 100% trocken ausgebaut werden.
Zum Chardonnay merkte er an, dass er nur in ihrem Sinn ausgebaut werden kann, wenn bei der Festlegung des Lesetermins nicht in erster Linie auf den Zuckergehalt geachtet wird, sondern darauf, dass der Säureabbau noch nicht begonnen hat. Damit folgten sie der Philosophie der Winzer im Burgund, dem Stammland des Chardonnay. Der anschließende Riesling-Ortswein ist für Schwedhelm der Wein, den er sich am liebsten einschenkt, wenn er einen angenehmen Trinkwein haben möchte, und darum bietet er diesen Wein auch allen Weinhändlern zum Verkosten an, die nur ein, zwei seiner Weine probieren wollen.
Die beiden folgenden Rieslinge – eine Erste Lage und eine Große Lage – zeigten eindrücklich den Einfluss des Bodens, denn bei der Großen Lage enthält der ungewöhnlich viel Ton, was die Erde graugrünlich aussehen lässt und dazu beiträgt, dass hier die Säure weniger spitz wirkt als bei der Ersten Lage. Beiden Weinen sollte aber noch etwas Reifezeit in der Flasche gegönnt werden.
Zum Namen der Großen Lage – Schwarzer Herrgott – erzählte er Folgendes: Das Zellertal sei zunächst von Kelten und danach von Römern besiedelt worden. 685 kam dann ein angelsächsischer Wandermönch namens Philipp ins Tal, der später heiliggesprochen wurde, und brachte vermutlich aus Rom Rebstöcke mit. Es entstand ein Kloster und später eine Wallfahrtsstätte, und die Christusfigur eines dort verwendeten Kreuzes wurde durch Witterungseinflüsse schwarz, was zum Namen „Schwarzer Herrgott“ für die Gegend um den Wallfahrtsort führte.
Der Erste-Lage-Weißburgunder steht auf Böden, die denen im Burgund sehr ähnlich sind. Er wird im 1200-Liter-Holzfass ausgebaut und braucht mehr Zeit bis zur Trinkreife, weshalb auch der 2016er verkostet wurde. Den Abschluss bildete ein Spätburgunder von der Lage Klosterstück ganz oben auf dem Berg, wo es wenig Wasser und viel Sonne gibt, der in Barrique-Fässern ausgebaut worden war, jedoch nur zum Teil als Erstbelegung. Diese Weine kommen bei den Schwedhelms erst später in die Vermarktung. Sehr aufmerksam wurde den Ausführungen von Georg Schwedhelm zum Thema Biowein gefolgt. Sie hatten 2010 auf Bio umgestellt, sich aber 2016 wieder vom Biosiegel verabschiedet, weil sie den Eindruck gewonnen hatten, dass es hier mehr um die Kontrolle bestimmter Vorgaben und die Sanktionierung von Verstößen dagegen geht, als darum den besten Weg für Pflanze und Erzeuger zu möglichst naturnahen Produkten zu finden, und weil zudem die Länder der EU das Regelwerk des Biosiegels unterschiedlich auslegen. Mit der Erinnerung an ausgezeichnete Weine und vielen neuen Eindrücken verließen die Weinfreunde schließlich das Kerwehaus.
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