Von Deutschland über Portugal nach Südafrika – ein deutsches Weingut kennt keine Grenzen (Dezember 2010)
Beim letzten Treffen des Jahres präsentierte Jorge Gonçalves den Mitgliedern und zahlreichen Gästen der Weinheimer Weingilde zwölf Weine vom Weingut Meyer-Näkel aus Dernau an der Ahr, einem der renommiertesten deutschen Rotweinerzeuger.
Zunächst gab es aber zwei weiße Weine, einen Riesling und einen Spätburgunder-Weißherbst. Der Riesling spielt bei Näkels nur eine Nebenrolle, denn erstens ist die Ahr ein traditionelles Rotweingebiet und zweitens hatte sich Werner Näkel bei seinem Einstieg ins Weingut das Ziel gesetzt, den Spätburgunder zu einer Top-Qualität zu führen. Erst seine Töchter, Meike und Dörte, die seit 2005 bzw. 2008 im Weingut arbeiten, haben sich vorgenommen, auch aus dem Riesling alles rauszuholen, was Boden und Klima an der Ahr erlauben. Der Weißherbst hatte eine deutlich weichere Säure als der Riesling, was auf den bei ihm vorgenommenen biologischen Säureabbau zurückzuführen ist.
Doch dann ging es zu den Rotweinen, mit denen das Weingut bekannt wurde. Der Name des ersten, Us de la meng, ist ein Dialektbegriff, der etwa „aus dem Handgelenk“ bedeutet, und kennzeichnet den Einstiegswein des Weinguts, der eine Cuvée mit Dornfelder ist, wie am Geruch und Geschmack eindeutig festzustellen war.
Anschließend gab es einen Spät- und einen Frühburgunder zum Vergleich. Auch wenn der Spätburgunder in der Regel als schwierigste rote Rebsorte bezeichnet wird, der Frühburgunder übertrifft ihn hier leicht, und das ist auch einer der Gründe, warum er nur noch wenig angebaut wird. Der Näkelsche ließ sich als deutlich floraler und femininer als sein „spätes“ Pendant charakterisieren.
Die restlichen Weine des Abends stammten alle aus dem Barrique, doch handelte es sich dabei je nach Wein auch um Zweit- und Drittbelegungen – Werner Näkel lässt sogar neue Barrique-Fässer erst eine Nacht mit Wasser gefüllt stehen, damit der Holzton in den Weinen nicht zu dominant wird. Mit drei Spätburgundern, einem G, einem Blauschiefer und einem S, wurde die Premium-Schiene des Weinguts vorgestellt, und die erfahrene Weinzunge erkannte deutliche Unterschiede: Beim Blauschiefer war die Mineralität wirklich sehr ausgeprägt, und dem S gaben die 50% neuen Barrique-Fässer eine deutliche, aber ausgezeichnet eingebundene Holznote.
Damit wäre ein üblicher Gildeabend zu Ende gewesen, doch Werner Näkel war irgendwann Deutschland zu klein geworden, und darum ging der Abend noch weiter, und zwar mit Weinen aus Portugal und Südafrika, wo Werner Näkel seit einigen Jahren ebenfalls an Weingütern beteiligt ist.
Geschäftsführer beim 8.5 Hektar großen portugiesischen „Ableger“ ist der Referent des Abends, was nicht besser passen könnte: Seine Eltern waren als Gastarbeiter aus Portugal nach Deutschland gekommen, er wurde in Deutschland geboren, hat Wirtschaftswissenschaften studiert und danach auch in diesem Bereich gearbeitet. Doch irgendwann kamen die Gene durch, denn seine Vorfahren in Portugal hatten immer irgendwie mit Wein zu tun, und er beschloss umzusatteln. Da man vor einem Studium in Geisenheim ein Praktikum vorweisen muss, bewarb er sich bei Werner Näkel, wurde genommen und hat seinen Entschluss zu wechseln nie bereut.
Die beiden portugiesischen Weine – von 2005 und 2004 – stammten ebenfalls aus Schieferlagen, was sich auch im Namensteil Ardosa widerspiegelt. Jorge Gonçalves erzählte, dass im Douro-Gebiet mehr Steine verbaut worden seien als in der chinesischen Mauer und dass von den 253 autochthonen Rebsorten Portugals nur 20 im Ausland beworben werden, und er merkte bedauernd an, dass es in Portugal einen Trend gäbe, auf die international bekannten Rebsorten wie Cabernet Sauvignon zu wechseln. Auch erklärte er, dass auf der Quinta da Carvalhosa die Rebstockwurzeln sehr alt seien, weil ein Rebsortenwechsel meist nur durch Aufpfropfen erfolge, dass sie etwa 10 Sorten, teilweise im gemischten Satz, anbauen und dass sie Nordhänge bewirtschaften, was anders als in Deutschland die bessere Lage ist.
Das südafrikanische Weingut liegt in Stellenbosch und wurde mit dem „Z“, einem Cabernet Sauvignon von 2008 und einer Cuvée namens „Zwalu“ von 2007 vorgestellt. Ein großer Unterschied zwischen deutschen und südafrikanischen Weinen ist laut Gonçalves, dass es in Südafrika kaum Jahrgangsschwankungen gibt, weil das Klima sehr viel konstanter ist. Beide Weine waren typische Vertreter des stark an Frankreich orientierten Rebsortenspektrums Südafrika‘s, denn der „Zwalu“ bestand aus 70 % Cabernet Sauvignon, 15 % Merlot, 10 % Syrah und 5 % Cabernet Franc.
Damit ging ein Abend zu Ende, der durch eine seltene Vielfalt an Informationen und Gesprächen unter Weinkennern gekennzeichnet war.
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